Über Jala neti

Yoga Reinigung am Morgen – die Nasenwäsche Neti

Viele Menschen teilen ein gemeinsames Problem: es gibt viel zu tun und wenig Zeit, alle Aktivitäten in der uns zur Verfügung stehenden Zeit unterzubringen. Als Yogapraktizierender kennt man viele gute Übungen, die man gerne in den eigenen Alltag einbinden möchte. Im Spannungsfeld von Familie, Beruf und weiteren Verpflichtungen jedoch mag die Integration in eine bestehende Übungspraxis schwierig sein. Die Zeit des Morgens scheint besonders begrenzt. Nicht jeder ist ein Frühaufsteher, der um 5.00 Uhr oder früher auf die Yogamatte geht. Auch steht die Familie bald auf und fordert ganze Aufmerksamkeit, der Weg zur Arbeit braucht ebenfalls seine Zeit. Was also tun?

Eine der wichtigsten Yoga-Reinigungstechniken ist die Nasenwäsche (neti), durch die die Nasenwege und Nebenhöhlen gesäubert werden. Sie ist leicht erlernbar und mit wenig Zeitaufwand in morgendliche Übungsroutinen einzubinden. Ihre positiven, erfrischenden Wirkungen begleiten und fördern das morgendliche Wachwerden. Die Nasenspülung ist sanft, natürlich, schnell und einfach durchgeführt, wie auch kostengünstig. Aus diesen Gründen ist diese Form der Reinigung eine der populärsten shatkarmas, die in Yogakursen gerne vorgestellt wird. Einmal präzise angeleitet und gelernt, wird neti rasch zum täglichen Bestandteil aktiver Gesundheitspflege.

Im Yoga werden vier Arten der Nasenreinigung benannt: Jala Neti, die Wasserreinigung; Sutra Neti, die Reinigung mit einem Faden oder Gummikatheter; Dughda Neti, die Reinigung mit Milch; Ghrta Neti, die Reinigung mit Ghee (geklärter Butter). Jala Neti  ist die bekannteste dieser Techniken im Westen.
 
Die Nasenregion
Die gesamte Nasenregion wird in Sanskrit saphta-patha genannt - die sieben Wege. Sieben Öffnungen münden in diesen Körperbereich: zwei Nasenlöcher, zwei Tränengänge, zwei Euchstachsche Röhren sowie der Rachen. Zusätzlich finden wir dort die Mündungen der Stirn- und Kieferhöhlen. Über 20.000 Atemzüge gehen tagtäglich hin und zurück, und das freie und gute Funktionieren dieser Region hat beträchtlichen Einfluss auf unser mentales und körperliches Wohlbefinden.
Die Aufgaben der Nase
Die Nase reinigt und befeuchtet die Luft und wärmt sie an, bevor sie in die Lunge gelangt. Diese Aufgaben werden von einer Schleimhaut übernommen, mit der Nase und Luftwege ausgekleidet sind. Mikroskopisch feine Härchen, die Cilien, transportieren durch rhythmische Bewegungen einen sich ständig erneuernden Schleimteppich laufend weiter in Richtung Rachenraum - einerseits aus den Bronchien und der Luftröhre, andererseits aus der Nase. Von dort aus gelangt das Sekret, in dem alle eingedrungenen Fremdkörper wie Staub und Bakterien aufgefangen worden sind, in den Magen und wird dort durch Enzyme neutralisiert. In diesen Selbstreinigungsprozess sind ebenfalls die Nasennebenhöhlen einbezogen, die durch feine Kanäle mit dem Naseninnenraum verbunden sind.

Die Schleimhaut der inneren Nase hat somit eine wichtige Abwehrfunktion gegenüber Fremdkörpern zu erfüllen. 

Der Reinigungsvorgang:
Leicht gesalztes, lauwarmes Wasser fließt durch die Nasengänge und spült diese gründlich aus. Verkrustungen werden gelöst, und die normale Funktionsfähigkeit der Nasenschleimhaut wird wieder hergestellt. Durch die Nasenspülung werden die kleinen Öffnungen der Verbindungskanäle, die in die Nasenhöhle münden, frei gehalten. Die Atmung wird wieder freier.

Da die Nasenscheidewand nicht durchgängig bis zur Nasenwurzel ausgebildet ist, kann das Wasser durch einen Durchgang oben im Rachenraum hindurchfließen. Durch diesen Durchgang stehen beide Nasenflügel in Verbindung - das Wasser fließt in das eine Nasenloch hinein und aus dem anderen heraus.

Manchen Menschen ist die Vorstellung unangenehm, salziges Wasser durch ihre Nase fließen zu lassen. Wenn man sich jedoch in Erinnerung ruft, dass der Tränenkanal in den Nasenraum mündet, wird deutlich, dass dies keineswegs eine merkwürdige Angelegenheit ist: ein kontinuierlicher feiner Strom salziger Tränenflüssigkeit fließt ständig, als eine natürliche Nasenwäsche in die Nase hinein. Körperwarmes, leicht gesalzenes Wasser ist also dem inneren Milieu der Nase vollständig angepasst.

Was benötigt wird:
Zur Praxis der Nasenspülung gehören mindestens zwei Hilfsmittel – ein Nasenkännchen  und geeignetes Salz.
Kännchen werden aus verschiedenen Materialien wie Keramik, Kupfer, Plastik oder Porzellan angeboten. Wichtig ist die ergonomische Formgebung, Stabilität und Gewicht. Plastikkännchen haben z.B. den Vorteil der Unzerbrechlichkeit und weisen für Reisen ein leichtes Gewicht auf, können aber je nach Plastikart durch den regelmäßigen Kontakt mit der Salzlauge in Mitleidenschaft gezogen werden. In meiner persönlichen Neti-Praxis seit 25 Jahren haben sich insbesondere Porzellankännchen bewährt: die Kombination  aus leichtem Gewicht, einfacher Reinigung und Hygiene des Nasenkännchens selber sowie der klaren Formschönheit und Haptik von Porzellan.

Mehrere Arten von Salzen sind theoretisch möglich: Meersalz, Kochsalz, Tafelsalz, Kräutersalz, oder Steinsalz. Meersalz ist oft zu großklumpig und enthält im Gegensatz zur Tränenflüssigkeit Jod, was manchmal Reizungen oder allergische Reaktionen hervorruft. Grundsätzlich ist auf eine feine Körnung zu achten – je feiner das Salz ist, desto leichter kann es sich vollständig in Wasser auflösen und die Sole durch die Nase fließen. Chemische Zusätze wie Silikon, Jod, Fluoride, Aluminium oder Trennmitteln finden sich oft in handelsüblichen, behandelten Koch- bzw. Tafelsalzen – nicht empfehlenswert für neti, da diese Zusätze allergische Reaktionen hervorrufen können. Kräutersalze sind durch die Bestandteile von Salzen, Kräutern und Gewürzen ebenfalls nicht geeignet.

Durchführung (s. Video und Beschreibung)
Man braucht unter Umständen Zeit, die richtige Salzmenge herauszufinden. Der Salzgehalt sollte sich an dem Geschmack von Tränenflüssigkeit orientieren. Bei zuwenig oder zuviel Salz entsteht ein Brennen in der Nase. Nach einigen Versuchen und etwas experimentieren findet sich die individuell richtige Salzmenge. Danach verschwindet jegliche Unannehmlichkeit. 9 g Salz auf 1 ltr. Wasser (isotonische Kochsalzlösung) sollte die Richtschnur sein.  Messlöffel und Messgefäße vereinfachen das Finden der optimalen Salzmenge.

Das gefüllte Nasenkännchen wird an ein Nasenloch geführt, man neigt den Kopf nach vorne über ein Waschbecken und etwas schräg zur Seite. Die Salzwasserlösung läuft von selbst ganz leicht aus dem anderen Nasenloch wieder heraus. Geatmet wird ruhig und regelmäßig durch den Mund. Wenn die Lösung in den Rachenraum teilweise abläuft, so ist die Kopfhaltung noch nicht völlig korrekt. Eine leichte Änderung der Kopfhaltung nach unten löst auch dieses Problem. Anschließend wird die Nase durch leichtes Ausschnauben getrocknet.

Eine häufig gestellte Frage: ab wann können Kinder die Nasenwäsche durchführen? Eine Richtschnur ist ab 4 Jahren, und natürlich je nach persönlicher Entwicklung.  Im Handel sind inzwischen auch kleinere Netikännchen erhältlich, die eine kindgerechte, kleine Form aufweisen und durch lustiges Design die Lust an der Nasenwäsche anregen.

Bei Fenstern in den Nebenhöhlen und bei operativen Eingriffen im Nasenraum sollte vor der Nasenwäsche der Arzt befragt werden.


Mögliche Quellzitate aus der Hatha Yoga Pradipika:
 „Die Netiübung reinigt die Gehirnzellen, schenkt göttliche Sicht und vernichtet alle Krankheiten in der Kopfregion.“
Vers Nr. 30 Hatha Yoga Pradipika, Teil II; aus „Yoga hilft heilen“, Swami Dhirendra Brahmachari

Oder vielleicht ist das besser:
„Neti reinigt den Schädel und schenkt Hellsichtigkeit“ ebenfalls Vers 30
Hatha Yoga Pradipika, Teil II , von Swami Muktibodhananda Saraswati.

Literatur und Quellen:
„Neti – Die Heilgeheimnisse des Yoga und Ayurveda, David Frawley, Windpferd Verlag, 2005
„Das Yoga-Neti Handbuch“, Narayan Chöyin Dorje; Windpferd Verlag, 2004
“Yoga-Reinigung Shatkarma – Entgiften und verjüngen mit Yoga und Ayurveda“, Alexander Kobs, Windpferd Verlag, 2. Auflage, 2012
„Hatha Yoga Pradipika“; Swami Muktibodhananda Saraswati, Bihar School of Yoga

Alexander Kobs _ Buchautor
 
 
 
 
 
 
 
Alexander Kobs, Hamburg, Autor der Bücher: "Shartkarma" und "Die zehn Lebensempfehlungen des Yoga".